Den höchsten Sauerstoffbedarf im Körper haben das Gehirn und die Muskeln. Sie haben nämlich auch die höchste Stoffwechselaktivität und dafür wird Sauerstoff benötigt. Was genau die Muskeln mit dem Sauerstoff machen und warum ohne Sauerstoff kein Muskelaufbau möglich ist, verraten wir in diesem Beitrag.
Bevor wir uns aber mit dem Thema Sauerstoff beschäftigen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Muskeln und schauen uns an, wie Muskeln arbeiten.
Inhalt
Muskelarbeit erfordert Energie
Muskeln sind mit Sehnen an Knochen befestigt. Wenn sich ein Muskel zusammenzieht und verkürzt (Kontraktion), zieht er am Knochen und es entsteht Bewegung. Damit diese Bewegung stabil ist, arbeiten Muskeln paarweise als Agonist und Antagonist: Der Agonist zieht sich zusammen, der Antagonist wird gedehnt. Dazu gibt es noch Aushilfsmuskeln, die sogenannten Synergisten, die bei Bedarf unterstützen.
Damit Muskeln richtig arbeiten können, brauchen sie Energie. Diese Energieumwandlung erfolgt mit Sauerstoff (aerob) oder ohne Sauerstoff (anaerob).
Beim anaeroben Stoffwechsel werden Kohlenhydrate mithilfe von Milchsäuregärung in Energie umgewandelt. Beim aeroben Stoffwechsel wird zum Verbrennen von Kohlenhydraten Sauerstoff genutzt.
Die unterschiedlichen Sauerstoff-Stoffwechsel kommen bei der unterschiedlichen Muskelarbeit zum Tragen.
Muskeln arbeiten auf drei unterschiedliche Weisen:
- isotonische Muskelarbeit – Der Muskel verkürzt sich (aerober Stoffwechsel, lange möglich)
- isometrische Muskelarbeit – Der Muskel baut Kraft auf, ohne zu verkürzen, es entsteht keine sichtbare Bewegung (anaerober Stoffwechsel, nur kurze Zeit möglich da sehr anstrengend)
- exzentrische Muskelarbeit – Der Muskel entwickelt Kraft, während er sich dehnt (aerober Stoffwechsel, sehr schnell ermüdend)
Der Muskelstoffwechsel im Detail
Lass uns noch ein weniger tiefer eintauchen in den Muskelstoffwechsel.
Muskeln brauchen Energie zum Kontrahieren.
Eine mögliche Energiequelle ist die Nahrung. Die aufgenommene Nahrung durchläuft im Körper mehrere Stoffwechselprozesse (Metabolismus). Über das Blut werden die Nährstoffe, also die Energie, zum Muskel geliefert. Allerdings kann der Muskel mit dieser Form der Energie nichts anfangen, weil die Energie chemisch gebunden ist. Die Nährstoffe müssen zunächst umgewandelt werden in ATP (Adenosintriphosphat).ATP ist ein Koenzym im Muskel und gleichzeitig ein Energieträger.
Um die Umwandlung der Stoffwechselprodukte zu ATP kümmern sich Mitochondrien. ATP entsteht, indem ADP (Adenosindiphosphat) eine anorganische Phosphatgruppe hinzugefügt wird. Dieser Prozess nennt sich Phosphorisierung. ATP wird direkt nach der Bildung wieder abgebaut und erzeugt dabei Energie. Diese freigesetzte Energie wiederum führt zur Muskelkontraktion.
ATP kann vom Muskelgewebe selbst hergestellt werden. Dabei hat es drei Möglichkeiten:
- ATP wird mittels aerober Glykolyse erzeugt (aus Glukose wird Brenztraubensäure und ATP erzeugt).
- ATP wird mittels anaerober Glykolyse erzeugt (aus Glukose wird ATP und Brenztraubensäure, die wiederum in Laktat umgewandelt wird).
- ATP wird mithilfe von Kreatinphosphat gebildet (sauerstoffunabhängig; beim Umbau von ATP zu ADP wird Phosphat freigesetzt, welches aus Kreatin Kreatinphosphat macht).
Alle drei Stoffwechselprozesse laufen jederzeit im Körper ab.
Für den ersten, kurzzeitigen Energieschub wir das Kreatinphosphat-System genutzt. Je nach Belastung kommen dann die aerobe oder anaerobe Energiegewinnung ins Spiel.
Hat der Muskel sehr viel Sauerstoff zur Verfügung, kann er durch aerobe Verbrennung von Glukose und Fett lange und ermüdungsfrei arbeiten.
Fehlt dem Muskel aber Sauerstoff, entweder weil die Durchblutung des Muskels aufgrund verschiedener Faktoren wie Verspannungen, Sattel oder ähnlichem eingeschränkt ist, weil das Pferd aufgrund von Atemwegsproblematiken nicht ausreichend Sauerstoff aufnehmen kann und es im Körper ein Sauerstoffdefizit gibt oder weil der Muskel stärker arbeiten muss, als es die Durchblutung erlaubt, entsteht eine Stoffwechselendlage.
Der Körper hat hierfür so etwas wie einen Notfallplan parat: Die Energiegewinnung erfolgt anaerob, das heißt ganz ohne Sauerstoff. So erhält der Muskel genug Energie.
Der Nachteil dieser Sofort-Superkraft ist die Entstehung von Laktat (Milchsäure). Laktat ist giftig für die Muskelzellen und kann nur durch Sauerstoff abgebaut werden.
Um das zu verhindern, sorgt der Körper mit erhöhter Atemfrequenz und einem höheren Puls dafür, dass mehr Sauerstoff in das beanspruchte Muskelgewebe gelangt.
Zu Beginn des Trainings bzw. zu Beginn der Bewegung arbeitet der Muskel zunächst anaerob. Durch eine erhöhte Atemfrequenz, das Ankurbeln des Kreislaufs und eine Erweiterung der Blutgefäße wird die Durchblutung, und damit die Sauerstoffversorgung, erhöht, bis der Muskel wieder im aeroben Bereich arbeitet. Anaerobe Muskelarbeit ist erforderlich bei erhöhter Kraftaufwendung, beispielsweise beim Arbeiten in Versammlung, beim Angaloppieren, beim Stoppen, beim Springen oder beim Wenden sowie bei der Stabilisierung der Gelenke.
Was passiert, wenn die Sauerstoffversorgung im Pferdekörper nicht adäquat funktioniert?
Hat der Muskel zu wenig Sauerstoff zur Verfügung, muss er mittels anaerober Glykolyse Energie erzeugen. Dadurch kann der Milchsäurespiegel im Muskel ansteigen und der Muskel übersäuert. Die Folge ist, dass der Stoffwechsel zunehmend langsamer wird, immer weniger ATP verfügbar ist und der Muskel ermüdet.
Übersäuerte Muskulatur und ihre Folgen
Ist der Muskel übersäuert, kann der Muskel nicht mehr geschmeidig arbeiten und es kommt zu Bewegungseinschränkungen. Faszien verkleben, die Dehnungsfähigkeit wird eingeschränkt. Daraus resultiert vermehrt Zug an den Knochen, Dauerspannung auf Gelenken und somit einer übermäßigen und ungesunden Belastung der Körperstrukturen.
Aus diesem Grund sollten Pferde mit Atemwegsproblemen immer entsprechend ihres aktuellen Gesundheitsstatus‘ trainiert werden. Bekommt ein Pferd schlecht Luft, ist Bewegung zwar wichtig, diese Bewegung darf aber nur in einem vom Körper leistbaren Rahmen stattfinden – das heißt, in einem Rahmen, in dem der Körper genug Sauerstoff hat.
Lesetipp: Trainingstipps für Pferde mit Atemwegsproblemen
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Quellen:
Tanja Richters: Manuelle Therapie der Pferdewirbelsäule. Sonntag 2014
Michaela Wieland, Claudia Schebsdat, Jörne Rentsch: Bewegungsapparat Pferd. Praxisbezogene Anatomie und Biomechanik. Thieme 2018
http://www.sportunterricht.de/lksport/stoffw.html
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